Jian - 劍 - Jiàn

Das chinesische Schwert

Während meiner aktiven Zeit beim Karate-Dojo Freising e.V. (Link siehe unten) habe ich auch eine Website über die chinesische Schwertkampfkunst betrieben (schwertsparring.de - Link zu web.archive.org siehe unten). Einige der damaligen Inhalte habe ich auf dieser Seite eingestellt.

Jian - Geschichte

Das Schwert (Jian 劍 - mandarin, Gim - kantonesisch) ist eine traditionelle Waffe der chinesischen Kampfkünste (Wushu) und wird auch im Taijiquan verwendet. Bereits in der Shang-Dynastie (16.-11. Jh.v.u.Z.) ist das Schwert nachweisbar und gehörte in der Zeit der Streitenden Reiche (475-221) zur Basisausrüstung der Fußsoldaten. Seit der Zeit der östl. Han-Dynastie (25-220) wurde das für schwierige Schnitt- und Stichtechniken geeignete Schwert im militärischen Bereich größtenteils durch den einfacher anzuwendenden Säbel (Dao) verdrängt. Weiter verwendetet wurde das Schwert als Statussymbol und in der Volkskampfkunst. (Filipak 2001, S. 200 – 209).

Die Angaben der folgenden tabellarischen Zusammenstellung stammen aus einem Artikel von Dr. Hermann G. Bohn in cultura martialis Heft 06, 2006 (ISSN 1614-7723).

Zeitraum Bezeichnung Anmerkungen
5000 - 4000 v. Chr. Alt- und Jungsteinzeit

Schwert- und Dolchvarianten aus ungeschliffenen, später geschliffenen Stein oder Obsidian und Jade.

ca. 21. - 16. Jh. v. Chr. Xia - Dynastie Metallschwerter aus Kupfer-Zinn Legierungen.
ca. 16. - 11. Jh. v. Chr. Shang - Dynastie chin. Bronze-Zeitalter.

770 - 255 v. Chr.

Späte Phase östl. Zhou - Dynastie Mit besseren Techniken geschmiedete Eisenschwerter, bereits mit einem Grat, Klingenblock und Knauf.
770 - 476 v. Chr. Frühlings- u. Herbst-Periode
481 - 221 v. Chr. Streitende Reiche
255 - 207 v. Chr. Qin - Dynastie keine bahnbrechenden Neuerungen
25 - 220 n. Chr. östl. Han Dynastie Schwert mit Schild kombiniert als Standardausrüstung der Fußsoldaten. Verliert aber an militärischer Bedeutung gegenüber dem Säbel. Weiterhin verbreitet bei Adel und gemeinen Volk. Erste Varianten von Stahlschwertern.
221 - 280 n. Chr. Epoche der Drei Reiche Härtung von Stahl.
3. Jh. - 600 n. Chr. bis Ende Nord-Süd-Trennung Chinas Unsichere Zeiten in denen die Kampfkunst in allen Bevölkerungsschichten an Bedeutung gewinnt.
589 - 618 n. Chr. Sui - Dynastie Formgebung des Jian ziemlich abgeschlossen.
618 - 907 n. Chr. Tang - Dynastie
  • Tang/Fünf-Dynastien/Wudai/Song/Ming - Weitere Forschritte in Herstellungs-verfahren und Faltungstechniken.
  • Sui/Tang - Aus militärischen Kreisen fast vollständig verschwunden, überwiegend nur noch als Ritual und Prestigegegenstand. In völkischen Kampfkunstschulen als Waffe geübt.
  • Sui/Tang/Wudai - Üben von Schwertformen für Körperertüchtigung vor allem in Kreisen von Gelehrten.
  • Song - Zierrat bei Beamten und Militärs (verkürzte, entschäfte Klingen). Echte Schwerttraditionen nur innerhalb bestimmter Familien.
  • Während der Mongolischen Fremd-Dynastie (1206 - 1368 n. Chr.) wurde das Jian wieder im militärischen Nahkampf verwendet.
  • Ming-zeitliche Schwerter erreichten zwar außergewöhnliche Härtegrade, trotzdem waren überlegene Schwerttechniken meist verloren, während Säbeltechniken und -schulen stark zunahmen. Wirkliche Schwertkunst wurde nur noch im Privaten tradiert.
907 - 960 n. Chr. Zeit der 5 Dynastien
960 - 1278 n. Chr. Song Dynastie
1368 - 1644 n. Chr. Ming Dynastie
1644 - 1911 n. Chr. letzte Phasen der Ming - und der Qing - Dynastie Allgemeiner Rückgang der Verwendung traditioneller Waffen auf Grund der Einführung von Projektil- und Feuerwaffen. Entschärfte Schwerter mit abgerundeten Spitzen als Zeichen für Ansehen bei Würdenträgern. Schwertkampf wird weiter in der Volkskampfkunst gepflegt.
ab ca. 1912 Anfang 20. Jh. Schwertkunst in ersten öffentlichen Kampfkunst-Vereinigungen und innerhalb des Schulsports. Traditionsbrüche durch die politischen Gegebenheiten.

Begriffe

Jian Fa 劍 法 Schwertregel, Schwertmethode
Jian Shu 劍 術 Schwertkunst
Ji Jian 擊 劍 Kämpfen, Fechten mit dem Schwert
Jian Dao 劍 道 Weg des Schwertes

Quellen

  • Filipiak, Kai (2001): Die chinesische Kampfkunst - Spiegel und Element traditioneller chinesischer Kultur, Leipzig: Leipziger Univ-Verlag
  • Chinesische Schwertkunst - Artikel von Dr. Hermann Bohn in cultura martialis Heft 06, 2006, ISSN 1614-7723
  • Schwerter Degen Dolche - Kulturgeschichte der Blankwaffen, 1994, Kapitel 13 - China und Zentralasien ISBN 3-89350-817-1

Jian - Konstruktion

Das "typische" Jian 劍 gibt es nicht, da Material und Fertigungstechnik der jeweiligen Epoche, sowie die Art der Verwendung einen wesentlichen Einfluß auf Form, Länge und Gewicht haben. So unterscheiden sich z.B. in großer Zahl hergestellte militärische Schwerter von Einzelanfertigungen für Beamte und Adelige. Bei Schwertern für Kampfkünstler spielten auch die speziellen Schwerttechniken des jeweiligen Kampfkunststiles eine Rolle bei der Herstellung des Jian 劍. Allerdings waren Einzelanfertigungen sehr teuer und daher wohl eher selten.

Wird heutzutage in Kampfkunstkreisen von Jian 劍 gesprochen, sind meistens einhändig geführte Stahlschwerter aus den letzten Phasen der Ming - und der Qing - Dynastie (1644 - 1911 n. Chr.) gemeint.

Die folgenden Angaben stammen im Wesentlichen aus Publikationen von Yan Gaofei, Dr. Hermann Bohn und Scott M. Rodell (siehe Quellen).

Jian - Maße

  • Bei Angabe der Länge wird zwischen Klingenlänge (Spitze bis Griff) und der Gesamtlänge unterschieden. Historische Einhand Schwerter haben Klingenlängen von ca. 45 bis 80cm und eine Gesamtlänge von ca. 65 bis 100cm.
  • Das Gewicht eines üblichen Stahlschwertes (abhängig von der Länge) lag bei etwa (450g) ab 700g (wenige bis 900g).
  • Die Balance spielt für die Handhabung des Schwertes eine wichtige Rolle. Liegt der Schwerpunkt zu nahe an der Spitze, ist der Gebrauch ermüdend. Liegt der Schwerpunkt zu nahe am Griff, kann die notwendige Wucht oder Stoßkraft nicht erzeugt werden und das Schwert ist auch leichter wegzudrücken.
  • Der Balancepunkt (Schwerpunkt) wird als Abstand vom Punkt Ende Griff / Beginn Parierstange aus gemessen und beträgt bei historischen Schwertern ca. zwischen 12 und 15cm. Bei Schwertkampfstilen mit Betonung auf das Stoßen liegt der Balancepunkt mehr zum Griff hin. Bei Stilen mit hauptsächlicher Anwendung von Schlagen und Schneiden ist der Abstand zum Griff größer. Letztlich kann nur der Schwertkämpfer selbst entscheiden, welche Balance die Richtige für ihn ist.

Jian - Bestandteile

  • Der Knauf hält Griff und Klinge zusammen, dient als Gegengewicht und verhindert das Abrutschen der Hand. Der Knauf kann auch zum Stoßen, Stechen oder Schlagen verwendet werden. Zusätzlicher Druck kann beim Stoßen mit der Hand am Knauf erzeugt werden. Eine Kordel mit Quaste findet man bei historischen Kampfschwertern (Wujian) nicht. Die Kordeln und Quasten stammen allesamt aus der Wenjian- (Gelehrten-Schwerter), der Schwerttanz-Tradition, während die Kampfschwerter manchmal eine Lederschlinge am Knauf befestigt hatten, womit man ein totales Verlieren der Waffe im Gefecht vermeiden wollte. Bei representativen Schwertern dienten Kordel und Quaste zur Dekoration.
  • Am Griff wird das Schwert beim Einhänder mit der Hand gehalten. Er sollte gut in der Hand liegen und sich leicht führen lassen.
  • Anders als bei europäischen Schwertern ist der Handschutz (Parierstange) wenig entwickelt. Er verhindert hauptsächlich, daß die eigene Hand auf die Klinge rutscht. Funktionen des Handschutzes wie Abfangen und Blockieren der gegnerischen Klinge, Schutz der Hand beim Aufprall auf einen Schild, oder Würgen und Hebeln spielen bei der chinesischen Schwerttechnik eine geringere Rolle.
  • Die gerade zweischneidige Klinge kann, nach Schärfegrad, Klingendicke und der angewandten Technik, in drei Sektionen unterteilt werden. Die stumpfere dickere untere Sektion (Forte, Ricasso, Fehlschärfe oder auch Ansatz genannt) dient zum Parieren und Aufnehmen von gegnerischen Schwertschlägen. Die etwas schärfere Klinge der mittleren Sektion wird zum Schneiden bei offensiven und defensiven Techniken verwendet. Die sehr scharfe und dünne Klingenspitze wird bei schnellen kurzen Schnitten, Stichen und Stößen eingesetzt. Die Länge der einzelnen Sektionen kann variieren.
  • Manchmal hört man bei Gesprächen über Schwerter den Begriff "Blutrinne". Meist ist damit die Hohlkehle (längliche Vertiefung in der Klingenmitte) gemeint, welche zur Gewichtsreduzierung und Stabilisierung der Klinge diente. Alle anderen Verwendungen (Blutablauf, etc.) sind blanker Unsinn (Laible 2006, S. 23).

Die fliessenden kreisförmigen Bewegungen des Jian werden durch die Gestaltung des Schwertgriffes und der Art der Handhaltung unterstützt. Der ovale Griff wird hauptsächlich durch Mittel-, Ringfinger und Daumen (siehe Abb. oben) flexibel und doch fest gehalten.

Jian - Klinge

Nach der Verwendung von Kupfer-Zinn Legierungen, Bronze und Eisen wurden in der Han Dynastie (25 - 220 n. Chr.) erste Schwerter aus Stahl hergestellt. "Als Stahl werden metallische Legierungen bezeichnet, deren Hauptbestandteil Eisen ist und deren Kohlenstoffgehalt zwischen 0,002 % und 2,06 % liegt" (de.wikipedia.org/wiki/Stahl). "Stahl ist im Gegensatz zu Eisen härtbar. Dafür ist im Metall ein Kohlenstoffanteil von mindestens 0,35 Prozent nötig. Für ein brauchbares Schwert geht man von einem Minimum von 0,5 Prozent aus. Um diesen Anteil zu erreichen, muss das Roh-Eisen aufgekohlt werden" (Laible, 2006, S. 135). Hoher Kohlenstoffgehalt gibt dem Klingenstahl die nötige Härte und Schärfe zum Schneiden, macht ihn aber spröde und brüchig. Geringer Kohlenstoffgehalt lässt den Stahl weich und biegsam werden. Durch die Kombination von Lagen aus Stahl mit unterschiedlichen Kohlenstoffgehalten konnte eine harte und gleichzeitig federnde Klinge gefertigt werden. Meist wurde die Sanmei-Konstruktion aus 3 verschiedenen Lagen Stahl (siehe Grafik unten) verwendet. Durch diese Konstruktion und der damaligen Schmiedekunst konnten scharfe und belastbare Klingen hergestellt werden.

Bei Schwertern aus der Han, Ming und Qin Zeit meist ca. 0,7-0,8% Kohlenstoffanteil der mittleren Lage und bei den Seitenlagen Schichten mit 0,4% und 0,6-0,7% Kohlenstoffanteil.

Die Gestaltung und Konstruktion einer Waffe bestimmen die Art und Weise ihrer Verwendung. Das relativ leichte, zweischneidige chinesische Schwert mit seiner scharfen, aber auch bruchgefährdeten Spitze, lässt auf eher schnelle, sensible und präzise Schnitt-, Stich und Abwehrtechniken schliessen, die ein hohes Können erfordern. Dies erklärt auch, warum im militärischen Kampf gegen gerüstete Soldaten, das Schwert durch den einfacher zu handhabenden schweren Säbel (Dao) ersetzt wurde.

Quellen

  • Filipiak, Kai (2001): Die chinesische Kampfkunst - Spiegel und Element traditioneller chinesischer Kultur, Leipzig: Leipziger Univ-Verlag
  • The four Mother Technigues of the Chinese Double Edged Straight Sword - von Yan Gaofei in Martial World Magazine Vol. 3 in IMAR Juni 1997 (Übersetzt und bearbeitet von Michael Ditsch, 2006)
  • Korrespondenz mit Dr. Hermann Bohn, Bohn-Wu International Trading Co.
  • Wikipedia Jian - en.wikipedia.org/wiki/Jian
  • Sword Forum International - Beiträge von Scott M. Rodell
  • Great River Taoist Center Swordsmanship Forum - Beiträge von Scott M. Rodell u. Peter Dekker
  • Chinese Swordsmanship - von Scott M. Rodell, 2005 ISBN 0-9743999-4-9
  • Schwerter Degen Dolche - Kulturgeschichte der Blankwaffen, 1994, Kapitel 13 - China und Zentralasien, ISBN 3-89350-817-1
  • Laible, Thomas (2006): Das Schwert - Mythos und Wirklichkeit, Bruckmühl: Wieland

Jian - Die 4 Haupttechniken

Aufgrund der Bauart des Schwertes werden 4 verschiedene Arten der Anwendung unterschieden. Jede dieser 4 Haupttechniken verwendet einen bestimmten Teil des Schwertes. Sämtliche Schwerttechniken können diesen 4 Haupttechniken zugeordnet werden.

  1. Stoßen, Stechen
    Verwendet die Spitze gerade zum Ziel und nicht in einem Winkel, da sonst das Schwert verbiegt oder bricht.
  2. Schnitt, schneiden mit Schwertspitze
    Schneller kurzer Schnitt mit der sehr scharfen Spitze des Schwertes. Spitze plus ca. 2,5 cm.
  3. Schneiden
    Verwendet ca. das obere, geschärfte Drittel der Klinge und muss ein Ziel im 90 Grad Winkel treffen, der starken Richtung des Schwertes.
  4. Parieren, Aufnehmen
    Verwendet ca. die unteren, weniger bis kaum geschärften 2/3 der Klinge.

Die 4 Haupttechniken können noch in weitere 13 Techniken unterteilt werden. Die Zahl 13 wird in den chinesischen Kampfkünsten oft verwendet und lässt sich wahrscheinlich aus der chinesischen Philosophie herleiten (5 Elemente und 8 Trigramme des I Ching). Die folgende Auflistung stammt aus der Schwertkunst des Chen Stil Taijiquan.

Stoßen, Stechen
1. ci – 刺 - ebener oder aufwärts gerichteter Stoß
2. zha - 扎 - abwärts gerichteter Stoß

Schnitt, schneiden mit der Schwertspitze
3. dian - 点 - Handgelenk schnellen, um in jede Richtung zu schlagen

Schneiden
4. pi - 劈 - spalten
5. sao - 扫 - horizontales kreisförmiges Schneiden
6. mo - 抹 - ebener waagrechter oder schräger aufwärts gerichteter Schnitt

Parieren, Aufnehmen
7. liao - 撩 - kreisförmige Ablenkung mit aufgerichteter Spitze
8. gua - 挂 - blockieren
9. tui - 推 - drücken
10. tuo - 托 - aufwärts drücken
11. jia - 架 - gegnerische Waffe über Kopf heben
12. jie - 截 - abfangen
13. hua - 化 - kreisförmiges neutralisieren und schlagen

Beim Ausführen der einzelnen Techniken sollte gelernt werden, wie das Schwert so exakt zu bewegen ist, daß jede Sektion des Schwertes in die beabsichtigte Richtung zeigt. Wenn das Schwert nicht korrekt ausgerichtet ist, wird es verbiegen oder sogar brechen, ohne den Gegner zu verletzen.

Durch die Form des Schwertes spielen Handgelenk und Handfläche eine wichtige Rolle beim Bewegen des Schwertes in die richtige Position. Man kann den Schwertgriff nicht fest mit dem Zeigefinger halten, da sonst andere Bereiche der Handfläche nicht zum verändern der Schwertposition verwendet werden können.

Da das Schwert nicht sehr stark ist, kann man es nicht so fest halten wie den Säbel. Die Schwäche des Schwertes (Biege- und Bruchgefahr sowie zwei Schneiden) ist eigentlich seine Stärke, welche dem Schwertkämpfer erlaubt, die Waffe leicht zu drehen und die 3 Richtungen des Schwertes (Spitze und zwei Schneiden) für den Angriff zu verwenden. Wenn wir uns drehen, springen, beugen und unsere Schwertbewegungen mit ausgezeichneter Beinarbeit verbinden, können wir die Kraft der gegnerischen Waffe umgehen. Die angewandte Technik wird dann für den Gegner überraschender und damit effektiver im Kampf. In China heisst es, das zweischneidige Schwert repräsentiert den Drachen und der Säbel wird symbolisiert durch den Tiger. Es heisst ausserdem, bei Schwerttechniken sollte man den Zusammenprall mit der gegnerischen Waffe vermeiden und direkt den Gegner angreifen und verletzen.

Um den Gegner zu treffen, müssen Ziele wie Hand-, Fußgelenk und Knie angegriffen werden. Beim Durchschneiden der Sehnen wird der Gegner zu Boden gehen oder die Waffe fallen lassen. Da hartes Blocken mit dem geraden Schwert nicht möglich ist, wird Ausweichen und Schlagen zu o.g. verwundbaren Stellen empfohlen. Das Handgelenk ist das nächste zu treffende Ziel und der Gegner hält die Waffe an dieser Stelle. Treffer am Knie oder Fußgelenk werden die Beweglichkeit des Gegners sofort behindern.

Wenn man ausweicht und Handgelenk, etc. angreift, wird dies meist als "Dreiecksprinzip" bezeichnet.

Wenn man die 4 Haupttechniken versteht, wird klar, warum nur der vordere Teil der Klinge sehr geschärft wird. Der restliche Teil der Klinge wird auch zum Parieren verwendet. Im Chen Stil Taiji Quan gibt es eine spezielle Schwertanwendung die "hua" genannt wird. Dies bedeutet Aufnehmen und Neutralisieren bei Kontakt mit dem gegnerischen Schwert und dann zurückgehen auf den Körper des Gegners zu verschiedenen Trefferflächen. Klebende Schwert Übungen werden verwendet, um diese Fertigkeit zu entwickeln.

Wir üben diese Waffe auch, um große Gelenke wie Hüfte und Schultern zu lockern. Gelenke, die nicht entspannt sind, führen zu schlechter Körperkoordination und verstärken dadurch Fehler in der Schwerttechnik. Die Waffe ist eine Erweiterung der leeren Hand und zeigt deshalb die Art und Weise des waffenlosen Stils des Übenden.

Beim Greifen/Halten der Waffe sollten Zeigefinger und Daumen nicht zu fest zudrücken. Hält man den Zeigefinger entspannt, kann man die Handfläche in verschiedene Stellungen drehen.

Das Jian ist eine der reichsten Informationsquellen über Waffen. Wenn wir diese Waffe gut anwenden können, werden wir verstehen, daß Form und Konstruktion einer Waffe bestimmen, was mit dieser Waffe getan werden kann. Wir können also irgendeine Waffe nehmen und haben ein besseres Verständnis über ihren Gebrauch und Zweck.

Quellen

The four Mother Technigues of the Chinese Double Edged Straight Sword - von Yan Gaofei in Martial World Magazine Vol. 3 in IMAR Juni 1997 (Übersetzt und bearbeitet von Michael Ditsch, 2006).

Jian - Strategien

Viele Taijiquan Übende verschiedenster Stile beginnen mit dem Schwerttraining nachdem sie eine fortgeschrittene Ebene des Könnens erreicht haben. Es kann Taiji Lernende beim korrekten Üben unterstützen, wenn sie verstehen wie historische Schwertkämpfer diese Art von Waffe verwendet haben. Das Schwert dient zur Erweiterung der Bewegungen der Form und erlaubt einen besseren Einblick inwieweit Bewegungen verbessert werden können.

In unserer modernen Zeit ist es offensichtlich, daß Schwerttraining als hauptsächliches Mittel des persönlichen Schutzes unbrauchbar ist. Jedoch ist seine Nützlichkeit als Trainingswerkzeug zur Verbesserung der inneren Körperausrichtung unermesslich.

Wenn wir über Schwertsparring reden, gehen wir davon aus, dass es sich um einen Kampf zwischen zwei Personen handelt, die beide Schwerter handhaben. Falls beide Gegner gleiche körperliche Fähigkeiten haben, werden Technik und Können entscheidend, da beide Kontrahenten dasselbe Ziel haben: zu gewinnen.

Chinesisches Schwertsparring, die meisten Varianten verwenden das zweischneidige gerade Schwert, hat drei Hauptkategorien von Strategien:

  1. Block und Schlag
  2. Dreiecksprinzip
  3. Kleben

Während die Bezeichnungen erstaunlich einfach klingen, erfordert die saubere Ausführung der Techniken sorgfältiges Üben und Aufmerksamkeit fürs Detail.

Block und Schlag

Bei "Block und Schlag" wird das eigene Schwert zuerst defensiv eingesetzt, um den Angriffsschlag zu blocken und dabei die gegnerischen Waffe aus dem Weg zu schlagen, damit anschliessend sofort ein offensiver Gegenschlag zufügt werden kann.

Eine gute zeitliche Koordinierung ist entscheidend für diese Technik, damit der Schlag durchgeführt wird, bevor der Gegner eine Gelegenheit für einen zweiten Angriff hat. Weiterhin ist auch Geschwindigkeit ein wichtiger Bestandteil für die effektive Ausführung dieser Technik. Die primären exekutiven Anwendungen bei "Block und Schlag" sind das Stoßen mit der Schwertspitze und das Schneiden mit dem oberen Drittel der Klinge.

Bei "Block und Schlag" liegt die Betonung auf dem Bewegen der gegnerischen Waffe aus der Schlagdistanz. Das kann sehr gefährlich sein, denn der Gegner könnte täuschen und einen anderen Angriff machen oder er könnte versuchen seinen Kontrahenten zu überwältigen.

Das Da Mo Schwertkampfsystem, ein berühmter Shaolin Stil, hat die oben genannte Strategie perfektioniert und nutzt den Block des Gegners als ein Sprungbrett für einen Schlag und ist dadurch einen halben Schritt dem Herausforderer voraus.

Dreiecksprinzip

Das "Dreiecksprinzip", genannt nach der Form die durch den Angriffswinkel erzeugt wird, ist eine übliche Strategie in den meisten chinesischen Schwertsystemen, hauptsächlich weil es sicherer ist verglichen zu "Block und Schlag". Nicht in die Reichweite des gegenerischen Schwertes zu geraten, ist am wichtigsten in dieser Situation. Gute Beinarbeit ist auch entscheidend und sollte gründlich geübt werden.

Ein bekannter Daoisten Stil "Qing Ping" (Lotus Blatt) Schwertsparring System, betont das Springen auf den Fußballen, um dadurch gesteigerte Geschwindigkeit und Wendigkeit zu ermöglichen, während das Wu Dang System, legendär von den Bergen selben Namens, sich auf "rückwärts überkreuz Gehen" konzentriert, um gefährliche Schläge zu vermeiden. Frühe Wu Dang Trainingshandbücher legen Wert auf mannigfaltige Übungen für die Beinarbeit, um die Wendigkeit und Flinkheit zu erhöhen.

Gewöhnlich fängt man in einem leeren Stand an, beide Knie gebeugt, mit Gewicht auf dem hinteren Bein und einem Fuß vorne. Wenn der Gegner angreift, macht man in einem Winkel einen Schritt zurück und verwendet gleichzeitig die "Schnitt mit Schwertspitze" Technik, um das Handgelenk des Gegners anzugreifen.

"Schnitt mit Schwertspitze" ist eine schnellende Bewegung aus dem Handgelenk. Wegen der Wichtigkeit dieser Bewegung betont die Chinesische Schwertsparring Kunst das Dehnen und Trainieren des Handgelenks. Man sollte sich allerdings bewußt sein, dass diese Strategien nicht sehr effektiv sind in Situationen, bei denen die Handgelenke des Gegners durch Rüstung geschützt sind. Wird der Gegner erfolgreich entwaffnet, so sollte man ihn ohne zu zögern niederstrecken.

Ein berühmtes Beispiel des "Dreieckprinzips" ist der Schwertkampf aus den 1920igern zwischen Meister Yang Cheng Fu und einem Herausforderer aus der Stadt Wuhan. Während des Duells brach Yang Cheng Fu das Handgelenk seines Gegners unter Verwendung der "Warten auf Fisch" Technik. "Warten auf Fisch" ist eine im Yang Stil praktizierte Handgelenk Technik mit einem umgekehrten rückwärtigen Schnitt mit der Schwertspitze (wie im vorherigen Abschnitt diskutiert). Meister Yang´s entscheidender Schlag ist eine ausgezeichnete Demonstration der praktischen Wirksamkeit des "Dreieckprinzips".

Kleben

"Kleben" als Schwert Anwendung ist eine Besonderheit des Inneren Schwertkampfes und ist die dominierende Strategie bei den meisten Inneren Kampfkunst Schwertsystemen. "Kleben" kann kurz beschrieben werden als ein klebe-ähnliches Anhaften an der gegnerischen Waffe mit der Absicht sich in eine vorteilhafte Position zu bringen. Diese Technik entwickelte sich aus der Notwendigkeit die Zwangslage des "Doppelten Selbstmordes" zu verhindern.

"Klebendes" Schwert erlaubt dem Schwertkämpfer zuerst die Attacke des Angreifers zu kontrollieren, dann niederzuhalten und schließlich einen effektiven Konterangriff durchzuführen und dadurch das Problem des "Doppelten Selbstmordes" zu lösen. Der kritische Punkt um diese Technik effektiv ausführen zu können ist die korrekte innere Ausrichtung.

Auf den anfänglichen Angriff wird die eigene Klinge gegen die Waffe des Gegners positioniert, um sich zu schützen, gleichzeitig wird die gegnerische Waffe vom eigenen Körper ferngehalten, ohne sie wegzuschlagen oder abprallen zu lassen.

Idealerweise sollte man in der Lage sein dem ursprünglichen Schlagimpuls des Angreifers zu folgen, um so in eine optimale Position zu kommen, bei der das eigene Schwert den Gegner erreichen kann, während der Angreifer für einen weiteren Schwertstreich mindestens eine weitere zusätzliche Bewegung ausführen müßte. Um das am Besten zu erreichen, wird das Schwert an dem Punkt neu ausgerichtet, an dem sich die zwei Klingen berühren.

Im Taiji System wird das Neuausrichten durch die grundlegenden Taiji Bewegungen Peng, Lu, Ji oder An bewerkstelligt, welche dem Angreifer das Gefühl geben, als ob er in einen Tornado geraten wäre. "Kleben" klingt für viele Kampfkünstler, die wenig Verständnis oder Erfahrung damit haben, wie eine geheimnisvolle und esoterische Angelegenheit.

Wie können zwei Schwerter kleben, wenn es keinen Klebstoff gibt, der sie miteinander verbindet? Die Antwort auf diese Frage könnte für einige überraschend sein. Korrekte Ausrichtung ist das Ergebnis von Aufrechthalten des Köpers, Entspannen der Schultern, Sinken lassen des Elbogens, Einsinken lassen des Brustkorbes und Senken des unteren Rückens. Diese Punkte erfüllen tatsächlich die grundlegenden Anforderungen von allen Inneren Kampfkunststilen. Durch die korrekte Ausrichtung bleibt der Oberkörper leer, während der Unterkörper voll und schwer wird und dennoch die Beinarbeit schnell und flink bleibt. Wenn der Körper richtig ausgerichtet ist, wird man, ohne die eigene Balance dabei zu stören, mit der Waffe die Kraft eines Schwertschlages absorbieren und weiter den Kontakt mit der angreifenden Waffe halten können, bis der Gegner eine Gelegenheit bietet, um ihn zu erledigen.

Einige Schwert Meister der Innere Stile sind fähig, schnell das Schwert aus der Hand ihres Gegners zu entreißen und unter Umständen sogar den ganzen Körper des Gegners durch Anwenden dieser Art von "Kleben" aus dem Gleichgewicht zu bringen. Wenn einmal dieser Gipfel des Könnens erreicht ist, wird das Ausführen dieser vernichtenden Bewegung eine einfache Aufgabe. Um diese Ebene des Könnens zu erreichen, muss durch grundlegendes "Leere Hand" Training ein starkes Fundament aufgebaut werden. Besonders der eigene Körper wird befähigt werden, die wichtigen Grundlagen zu erfüllen, die von den Inneren Kampfkunststilen gefordert werden. Wenn das Schwerttraining voranschreitet, verstärkt es die korrekte Körperausrichtung und entwickelt eine natürliche Tendenz im Sinne des Inneren Weges zu sparren.

Das Sparring Training sollte mit dem Üben von "Klebenden Schwert" Formen beginnen und zwar genau auf die gleiche Weise, wie wenn man "Leere Hand" Formen trainieren würde. Dann sollten, unter richtiger Anleitung, Schwert Form Anwendungen mit einem Partner geübt werden. Wenn man diese zwei Arten von Übungen mit langsamer bis gemäßigter Geschwindigkeit ausführt, ist es möglich Holz oder Metall Übungsschwerter zu verwenden. Gepolsterte Waffen und geeignete Schutzausrüstung können verwendet werden, wenn Schwert Übende ausreichendes Können und die Kontrolle zum freien Sparren erlangt haben. Durch freies Sparren ist es möglich ein tieferes Verständnis von Schwertsparring Strategien zu erhalten und, viel wichtiger, zu erkennen, welche Technik eines Stiles am Besten für den Einzelnen funktioniert.

Es gibt ein weltweites neuerliches Interesse an Schwertsparring, welches viele verschiedene Stile einschliesst. Auf Anfrage des 4ten Internationalen Einladungswettbewerbes, veranstaltet in Beijing im Sommer 2002, zeigten Hr. Yan Gaofei und sein Schüler Rober Gugino Vollkontakt Schwertsparring. Die Freistil Schwertsparring Vorführung zeigte überwältigendes positives Interesse und Neugierde.

Meister Chen Quan Zhong, Vorsitzender der Xi´an Chen Stil Taichi Vereinigung und wichtigster Lehrer von Yan Gaofei, sagte, dass während seiner Jugend in den 1920iger und 1930igern unter seinesgleichen im Chen Dorf, klebendes Schwerttraining genauso populär war, wie klebende Hand Training und klebende Speer Training. Yan Gaofei hatte die Gelegenheit Videomaterial von Zheng Man Qing (Cheng Man Ching), einem berühmten Schüler von Yang Cheng Fu, zu sehen, wie er Yang Stil Taiji klebendes Schwert mit einem seiner Schüler übte. Es scheint, dass in der modernen Kampfkunst Praxis klebende Technik weniger häufig bekannt ist. "Klebetechnik" ist ein faszinierendes und herausforderndes Konzept, wenn man es Anfangs zu begreifen versucht. Aber wenn einmal ein wahres Verstehen entwickelt ist, können die anmutigen und manchmal tanzartigen Bewegungen von verschiedenen Kampfkünsten, wie Taiji Schwert Formen, für ihre praktische Kampfkunst Anwendungen geschätzt werden.

Quellen

The four Mother Technigues of the Chinese Double Edged Straight Sword - von Yan Gaofei in Martial World Magazine Vol. 3 in IMAR Juni 1997 (Übersetzt und bearbeitet von Michael Ditsch, 2006)

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