Ökologische Lebenskunst
Handle so, daß du die Grundlagen deiner eigenen Existenz nicht ruinierst

Die oft gehörte Aussage, dass "der Mensch die Erde, die Natur, beschützen, erhalten und bewahren müsse" zeigt die Hybris des menschlichen Denkens. Als ob der Mensch jenseits, oder gar über der Erde, der Natur, steht und ihr Schicksal bestimmt. Dieser Planet hat schon ganz andere Katastrophen erlebt. Durch klimatische Veränderungen vor gut 250 Millionen Jahren verschwanden neunzig Prozent aller Arten und sollten nie mehr auftauchen. Doch das Leben findet immer einen Weg. Manche Mikroorganismen leben bei Temperaturen um 100° C oder sind an Drücke über 300 bar angepaßt. Die Erde braucht den Menschen nicht, aber der Mensch braucht die Erde. Im Hinblick auf die derzeitige Klima Diskussion stellt der Philosoph Wilhelm Schmid daher treffend fest: "Unbeantwortet ist jedoch die vom apokalyptischen Potenzial der modernen Technik aufgeworfene metaphysische Frage, ob es überhaupt eine Menschheit geben soll." (Schmid, 2008, S. 50)
Bei dem sogenannten "Natur- und Umweltschutz" geht es daher eigentlich und in erster Linie um den Schutz der Menschheit d.h. dem Erhalt der menschlichen Art. "Der Mensch, jeder einzelne, ist frei, mit darüber zu befinden, welches Ausmaß die ökologische Zerstörung annehmen kann und ob es, wenn das äußerste Ausmaß ins Auge gefasst wird, eine Menschheit noch geben soll oder nicht." (Schmid, 2008, S. 51)
Ökologische Lebenskunst bedeutet also in diesem Zusammenhang: "Die Abhängigkeit der individuellen Existenz von grundlegenden Strukturen und übergreifenden Zusammenhängen wahrzunehmen, die existentiell bedeutsam für das Selbst und Andere sind, um eine bejahenswerte Existenz führen zu können. Das Individuum versteht es als Bestandteil seiner reflektierten Lebenskunst, die Konsequenzen der eigenen Lebensführung auch für Andere und andernorts in den Blick zu bekommen und den globalen Blick von außen einzuüben..." (Schmid, 2008, S.121)
Aus dieser Erkenntnis leitet sich der Imperativ der ökologischen Lebenskunst ab: "Handle so, daß du die Grundlagen deiner eigenen Existenz nicht ruinierst" (Schmid, 2008)
Schmid, Wilhelm (2008): Ökologische Lebenskunst – Was jeder Einzelne für das Leben auf dem Planeten tun kann, Berlin: Suhrkamp Verlag

"Im Hintergrund dieses Gefühls von Heimat steht die Erfahrung kosmischer Einsamkeit, der starke Kontrast 'zwischen der hellen, farbigen Heimat und der krassen, schwarzen Unendlichkeit'..." (Schmid, 2008, S. 15)
"Schließlich sind die Menschen auch sehr von der Natur abhängig – nicht nur von jenen Teilen, die wir domestiziert haben, sondern auch von den übrigen: den Wäldern, die Kohlenstoff binden und Sauerstoff abgeben; der Wildnis, die Erholung vom Stress der Zivilisation bietet; schließlich den unzähligen Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen, die wissenschaftliche Durchbrüche zum Wohl der Menschheit versprechen. Mit anderen Worten, alles in der Natur, einschließlich der Menschen, ist miteinander verbunden, wie Ökologen betonen, und interagiert in komplexen Rückkopplungsschleifen." (Headrick 2021)
"Zum ersten Mal in der Geschichte beeinflussen die Menschen den gesamten Planeten, sein Klima, seine Flora und Fauna, seine Landschaften und Ozeane. Die Weltbevölkerung wird bald 10 Milliarden erreichen und breitet sich rasch in die Arktis und den tropischen Regenwald aus. Auch die Weltwirtschaft wächst und holt ganze Länder aus der Armut. Unsere Technologie schreitet rasch voran und stellt immer größere Forderungen an die natürlichen Ressourcen der Erde. Gleichzeitig schrumpfen unberührte Gebiete, seltene Pflanzen und Tiere verschwinden, und das Klima erwärmt sich. Es ist Zeit, über das künftige Verhältnis zwischen den Menschen und der übrigen Natur nachzudenken, und darüber, welche Lehren wir aus der Vergangenheit ziehen können." (Headrick 2021)
Headrick, Daniel (2021): Macht euch die Erde untertan - Die Umweltgeschichte des Anthropozäns, Darmstadt: wbg Theiss E-Book
Literatur
Buchtipp: Ökologische Lebenskunst

Der Bericht des UN-Klimarats von 2007 erbrachte eine Klarheit über die ökologische Problematik, die viele Menschen erschütterte. Seither wächst das Interesse an den Zusammenhängen und daran, was der einzelne tun kann, um das Leben nachhaltiger zu gestalten. Wie kam es zu dieser Problematik, wie entwickelte sich das Wissen darüber, und wie läßt sich das individuelle und gesellschaftliche Handeln überzeugend begründen? Bestsellerautor Wilhelm Schmid skizziert einen ökologischen Lebensstil, der die großen Zusammenhänge auf unserem Planeten ins Auge faßt, ohne dabei die kleinen Details zu übersehen. Eine Handlungsanleitung für uns als Verantwortliche für unser ureigenes Ökosystem – unseren Körper –, als Bewohner eines Hauses, einer Stadt, einer Region, als Bürger einer Gesellschaft und Weltgesellschaft. Der Imperativ der ökologischen Lebenskunst: "Handle so, daß du die Grundlagen deiner eigenen Existenz nicht ruinierst." © Text und Bild Suhrkamp Verlag. Ökologische Lebenskunst, Wilhelm Schmid, suhrkamp taschenbuch, 2008, ISBN: 978-3-518-46034-4
Buchtipp: Macht euch die Erde untertan

Wir haben es schon immer getan: Der Einfluss des Menschen auf Ökosysteme besteht seit unserer Zeit als Jäger und Sammler. Doch die schonungslose Ausbeutung natürlicher Ressourcen hat mittlerweile tiefe Spuren hinterlassen. Der amerikanische Historiker Daniel R. Headrick analysiert die Wechselwirkungen zwischen Mensch und Natur. Seine Umweltgeschichte zeigt deutlich: Erderwärmung, Epidemien und Umweltverschmutzung sind moderne Probleme mit einer langen Geschichte, die zum Teil bis in die Steinzeit reicht. © Bild und Text wbg Theiss. Headrick, Daniel (2021): Macht euch die Erde untertan - Die Umweltgeschichte des Anthropozäns, Darmstadt: wbg Theiss E-Book
Videos
Home - a film by Yann Arthus-Bertrand - Trailer 2010
Mehr Informationen
- Tiefenökologie bei michaelditsch.de
- Wilhelm Schmid bei Wikipedia
de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Schmid_(Philosoph) - Persönliche Website von Wilhelm Schmid
www.wilhelm-schmid.de - GoodPlanet Foundation
ecology and environment concerns non profit organisation
www.goodplanet.org/en/