Plagen und Bösewichter

Warum die Natur keine Schädlinge und kein Unkraut kennt

"Wem die Natur für einen Wimpernschlag der Erdgeschichte einen Garten anvertraut hat, der sollte nicht wild um sich schlagen." Tinz, Sigrid (2019): Friede den Maulwürfen!, Darmstadt: Pala, S. 16

Ein Gestaltungsprinzip der Permakultur lautet: "Nutze und schätze die Vielfalt". Im eigenen Garten lässt sich dieses Prinzip sehr gut umsetzen. Allerdings müssen dafür alte, dualistische Denkgewohnheiten aufgegeben werden, wie z.B. die Unterscheidung in Schädlinge und Nützlinge. Auch der Garten ist letztlich ein Ökosystem, d.h. ein komplexes und dynamisches Beziehungsgefüge von Organismen untereinander (inkl. Mensch) und mit ihrer abiotischen Umwelt. Je besser dieses Beziehungsgefüge verstanden wird, desto besser können ökologische Ansprüche und gärtnerische Erträge in Einklang gebracht werden.

"Die große Vielfalt der Formen, Funktionen und Wechselwirkungen in der Natur und der Menschheit sind die Quelle für die Entwicklung systemischer Komplexität. Die Rolle und der Wert der Vielfalt in Natur, Kultur und Permakultur ist komplex, dynamisch und manchmal scheinbar widersprüchlich. Vielfalt sollte als Ergebnis einer Balance und Spannung in der Natur zwischen Verschiedenheit und Möglichkeit einerseits und Produktivität und Leistung andererseits betrachtet werden." Holmgren, David (2013): Das Wesen der Permakultur (Übersetzung aus dem Englischen von Hermann Paulenz. German Ver 1 © 2013 pdf). S. 23

"Je artenreicher und vielfältiger ein Garten gestaltet ist, umso eher stellt sich ein biologisches Gleichgewicht ein. Dennoch kann besonders bei extremen Wetterlagen der Krankheits- beziehungsweise Schädlingsdruck auf unsere Nutzpflanzen zunehmen, sodass es notwendig wird, Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Dabei spreche ich bewusst nicht von 'bekämpfen'. Schließlich hat jedes Tierchen seine Aufgabe und seine Daseinsberechtigung in der Natur, auch wenn wir sie als Schädlinge betrachten. Werden beispielsweise Blattläuse und bestimmte Insekten ausgerottet, so ist ein Sterben anderer Tiere, wie insek­tenfressender Vögel, die Folge. Dies lässt sich aktuell bereits durch den hohen Pestizideinsatz beobachten. Ein solches Eingreifen in die Natur zerstört letztendlich das natür­liche Gleichgewicht und unterbricht die natürlichen Nahrungsketten. Daher sollte im naturnahen Garten lediglich regulierend eingegriffen werden und dies mit möglichst natürlichen Mitteln." Holländer, Annette (2022): Der Garten im Klimawandel – Besser gärtnern mit Permakultur - Klimagerecht anbauen, Boden schützen und Vielfalt erhalten, Igling: EMF E-Book

Tipps und Hinweise

Wildkräuter

Kein englischer Rasen, aber eine Blumenwiese ist an dieser Stelle auch nicht gewünscht. Ein Kompromiss ist es z.B. den Weiß-Klee (Trifolium repens), eine Zeigerpflanze für verdichteten Boden, als wichtige Bienen- und nachhaltige Gründüngungspflanze im Rasen zu akzeptieren. Beim Barfußlaufen muss allerdings auf Bienen geachtet werden. (Foto © Michael Ditsch)

Gänsefingerkraut (Potentilla anserina) kann im Rasen oder im Gemüsebeet sehr lästig werden. Als Bodendecker für Zwischenflächen lässt sich das Heilkraut aber gut verwenden. (Foto © Michael Ditsch)

Der Borretsch (Borago officinalis) hat sich zwischen den Kürbissen selbst angesiedelt. Das Heil- und Würzkraut kann hier auch gerne wachsen. (Foto © Michael Ditsch)

Schnecken

Spanische Wegschnecke - Arion vulgaris (Foto © Michael Ditsch)

Schnecken sind Teil des Ökosystems Garten. Allerdings stehen Schnecken in direkter Nahrungskonkurrenz zum Menschen, wenn es z.B. um Salate oder Bohnen geht. Daher ist es für den Gärtner durchaus legitim, wenn er Gegenmaßnahmen ergreift. Allerdings sollten diese Maßnahmen verhältnismäßig sein und somit scheiden Gift oder Tierquälerei von vornherein aus. Die meisten Probleme im Nutzgarten machen Vertreter der Familien der Wegschnecken (Arionidae) und der Ackerschnecken (Agriolimacidae). Besonders in regenreichen Sommermonaten können die feuchtigkeitsliebenden Tiere das gärtnerische Ego sehr herausfordern. Bei der Planung und Anlage des Gemüsegartens sollten vorbeugende Maßnahmen gegen Schnecken berücksichtigt werden. Bei akutem Befall helfen meist nur noch Gelassenheit und Absammeln.

Konstruktiver Schneckenschutz für Gemüsebeet. Kiesweg als Trockenbarriere und Schneckenzaun aus Stahlblech mit doppelt gefalztem Rand (Foto © Michael Ditsch).

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Schwalben

Während Rauchschwalben meist in Ställen mit Nutzungstieren brüten, bauen Mehlschwalben ihre Nester gerne an Häuserfronten. Allerdings haben beide Arten zunehmend Schwierigkeiten geeignetes Nistmaterial zu finden. Zur Unterstützung der gefährdeten Vögel können Kunstnester montiert werden. (Mehlschwalbennester Foto © Michael Ditsch)

Wespen

Zu einem insektenfreundlichen Garten gehören selbstverständlich auch Wespen. Allerdings kann es durch die Lebensweise dieser Insekten zu Konflikten mit dem menschlichen Garten- und Hausbenutzer kommen. Ist von Wespen die Rede, handelt es sich meistens um die Gemeine Wespe und die Deutsche Wespe, die beide zu den Kurzkopfwespen (Vespula) gehören.

Schmetterlinge

Igel

Durch den Staketenzaun in den Garten. Aufnahme Wildkamera 02:28 Uhr (Foto © Michael Ditsch)

Ein Paradies fürs Stacheltier - Den Garten igelfreundlich gestalten (NABU)
www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/oekologisch-leben/balkon-und-garten/tiere/saeugetiere/22364.html

Literatur

Buchtipp: Grundwissen Vogelbestimmung

Wie wird man zum Vogelbeobachter? Auf was muss man bei der Vogelbeobachtung achten? Welche Hilfsmittel, welches Equipment braucht man? Christoph Moning, Thomas Griesohn-Pflieger und Michael Horn haben die Antworten! Sie geben wertvolle Tipps, wie man systematisch vorgehen kann, um zu einem erfolgreichen 'Einstieg' zu gelangen. Auf einprägsame Weise erklären die Autoren dabei, auf welche Details man beim Bestimmen achten sollte und wie man sich die Vogelarten am besten merken kann. © Bild und Text Quelle & Meyer. Moning, Christoph / Thomas Griesohn-Pflieger / Michael Horn (2022): Grundwissen Vogelbestimmung - Vorbereitung, Planung und Strategie der erfolgreichen Vogelbeobachtung, Wiebelsheim, Hunsrück: Quelle & Meyer. Kommentar zum Buch bei michaelditsch.de

Buchtipp: Pflanzenschutz einfach von A bis Z

Sie wissen nicht, wer da an Ihrer Erdbeere knabbert? Oder warum Ihre Pfingstrose braunrote Flecken auf der Blattoberseite aufweist? Mit diesem umfassenden Werk von Dipl.-Ingenieur Gartenbau Thomas Lohrer finden Sie es schnell und einfach heraus! Über 320 potenzielle Plagegeister an Obst, Gemüse, Ziergehölzen sowie Stauden werden anhand von leicht verständlichen Texten und aussagekräftigen Bildern vorgestellt und machen das Buch damit zu einer echten Diagnosehilfe für jeden Hobbygärtner. So können Sie viele Krankheiten und Schädlinge in Ihrem Zier- oder Nutzgarten rasch erkennen, bekämpfen und in Zukunft sogar vermeiden! Für gesunde Pflanzen, eine leckere Ernte und glückliche Gärtner! © Bild und Text Ulmer Verlag. Lohrer, Thomas (2020): Pflanzenschutz einfach von A bis Z - 330 Krankheiten und Schädlinge im Zier- und Nutzgarten, Stuttgart: Ulmer Verlag. Kommentar zum Buch bei michaelditsch.de

Buchtipp: Tiere in meinem Garten

Der umfassende Ratgeber: So mache ich meinen Garten zu einem Tierparadies. Aktiv gegen das Artensterben: wildtierfreundliches Gärtnern für Insekten, Amphibien, Reptilien, Vögel, Fledermäuse und andere Kleinsäuger. Tipps für kleine und große Gärten auf dem Land und in der Stadt. Üppige Natur sowie tierische Gäste und Besucher unmittelbar vor der Haustür? Wer wünscht sich das nicht. Doch oft fehlt eine konkret umsetzbare Vorstellung davon, wie ein lebendiger Garten tatsächlich aussehen könnte. Wer in seinem Garten aktiv etwas für Wildtiere tun möchte, dem hilft dieses Buch, geeignete Lebensräume für Insekten, Amphibien, Reptilien, Vögel, Fledermäuse und weitere Kleinsäuger zu schaffen. Welche Nahrung bevorzugen die verschiedenen Gartenbesucher? Wo schlafen und ruhen sie gerne? Was benötigen sie für eine erfolgreiche Fortpflanzung? Egal wie groß oder klein ein Garten ist, dieses Buch bietet alle erforderlichen Informationen und eine Fülle von Anregungen, um ein eigenes kleines Naturschutzgebiet zu gestalten. © Bild und Text Haupt Verlag. Kremer, Bruno P. / Richarz, Klaus (2020): Tiere in meinem Garten - Wertvolle Lebensräume für Vögel, Insekten und andere Wildtiere gestalten, Bern: Haupt Verlag. Kommentar zum Buch bei michaelditsch.de

Buchtipp: Das Insektenhotel

Was wäre ein blühender Kirschbaum oder eine Wildblumenwiese ohne das Summen von Bienen und Hummeln? Doch was uns so selbstverständlich erscheint, ist zunehmend bedroht. Die natürlichen Lebensräume der fleißigen Blütenbesucher werden mit jeder planierten Fläche kleiner; Monokulturen, Umweltgifte und Gentechnik gefährden das Überleben vieler Insektenarten. Nisthilfen für Insekten sind wirkungsvolle und zum Teil leicht umsetzbare Möglichkeiten für erlebten Naturschutz. Dieses Buch erklärt den Bau einfacher und komplexer Modelle, detaillierte Baupläne und Materiallisten helfen dabei. Zur Wahl stehen sowohl unterschiedliche Insektenhotels für Wildbienen als auch Quartiere für Florfliegen, Schmetterlinge und Ohrwürmer. Auch beim Bau von Nistkästen für Hummeln und Hornissen hilft das Buch. Mit Pflanzenlisten und praktischen Vorschlägen für Naturoasen auch auf kleinstem Raum zeigt der Autor, wie sich ein insektenfreundliches Umfeld gestalten lässt. Auf diese Weise kann jeder zum Schutz dieser Tiere beitragen, die für die Bestäubung unserer Nutz- und Wildpflanzen wertvolle Dienste leisten. 36 Tierporträts öffnen zudem den Blick auf die faszinierende Insektenwelt und zeigen, welch spannende Beobachtungen dabei möglich sind. © Bild und Text pala. Günzel, Wolf Richard (2019): Das Insektenhotel - Naturschutz erleben - Bauanleitungen – Tierporträts – Gartentipps, Darmstadt: pala-verlag E-Book

Buchtipp: Friede den Maulwürfen!

Sie breiten sich aus, machen Dreck und sind gefräßig: Im Garten gibt es eine Menge Pflanzen und Tiere, die ziemlich nerven und auch naturverbundene Menschen an ihre Toleranzgrenzen bringen. Maulwürfe, Elstern und Wühlmäuse sind bei vielen ebenso unbeliebt wie Giersch, Löwenzahn und Quecken. Und dann gibt es noch die besonders Bösen: Springkraut, Nacktschnecken oder Zecken - wer braucht die schon? Sigrid Tinz hat sich in ihrem Buch auf die Suche nach den guten Seiten der Bösen im Garten gemacht und dabei Erstaunliches, Wissenswertes und viel Nützliches entdeckt. Die schädlichen Tier- und Pflanzenarten sind nicht von Natur aus böse, alle haben ihre Rolle im Ökosystem. Diese Erkenntnisse machen die Plagegeister nicht in jedem Fall sympathischer, aber es hilft, besser mit ihnen umzugehen. Statt "Schädlinge" und "Unkräuter" rabiat mit allen Mitteln zu bekämpfen, rät die Geoökologin dazu, die Bösewichte zu verstehen und passende Umgangsweisen zu entwickeln. Mit diesem Buch bleibt das grüne Paradies auch in Zukunft eine giftfreie und entmilitarisierte Zone. Die Plagegeister werden nicht ausgerottet, aber sie nerven auch nicht mehr. © Bild und Text Pala Verlag. Friede den Maulwürfen! - Bösewichte und Plagen im Garten - und wie wir mit ihnen klarkommen, Sigrid Tinz, Pala Verlag, eBook, 2019

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"Geschwächte Pflanzen, die falsch gedüngt werden, denen es zu trocken oder nass ist, die zu dicht stehen oder mit ungünstigen Nachbarn Vorlieb nehmen müssen, sind besonders anfällig. Sie ziehen Organismen an, die für Abbauprozesse in der Natur zuständig sind." Wolf-Dieter Storl

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