Vegetarische Ernährung
Eine Ernährungsweise und ein Lebensstil

Der Homo sapiens ist von Natur aus kein Vegetarier, sondern lässt sich eher als Omnivore oder auch Allesfresser bezeichnen (siehe artgerechte Ernährung). Der Entschluß zu vegetarischer Ernährung entstammt daher meist einem Prozess des Insichgehens und der Reflexion über die eigene Lebensführung. Die Gründe für den eigenen Vegetarismus können sehr verschieden sein und ergeben sich aus den Erfahrungen und Erkenntnissen des individuellen Lebensweges. Seit der Zeit, als unsere Jäger und Sammler Vorfahren lange Wanderungen unternahmen, um sich von Wildtieren und Wildpflanzen zu ernähren, hat sich die Lebens- und Ernährungsweise des Menschen in den westlichen Gesellschaften sehr verändert. Die industrialisierte Nahrungserzeugung unter Verwendung von synthetischen Zusatzstoffen, Dünger, Hormonen und Antibiotika, sowie Stress und Bewegungsmangel begünstigen etliche Zivilisationskrankheiten. Auch haben die intensive globalisierte Tier- und Pflanzenproduktion sowie der Handel mit Nahrungsmitteln weitreichende ökologische und ökonomische Auswirkungen. Ethische Fragestellungen bezüglich der Nutzung von Tieren (Tierwohl, Tierrechte, etc.) spielen bei der Entscheidungsfindung meist eine wichtige Rolle. Der Entschluss zum Vegetarismus, mit dem damit verbundenen bewussten Umgang mit "Lebens"-mitteln, kann daher als eine Antwort auf die Herausforderungen unserer modernen Lebenswelt gesehen werden.
Definition des Vegetarismus
"Beim Vegetarismus handelt es sich um eine Ernährungsweise, bei der ausschließlich oder überwiegend pflanzliche Lebensmittel wie Getreide, Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen verzehrt werden. Je nach Form des Vegetarismus können auch Produkte von lebenden Tieren, wie Milch, Eier und Honig sowie alle daraus hergestellten Erzeugnisse enthalten sein. Ausgeschlossen sind Lebensmittel, die von toten Tieren stammen, wie Fleisch, Fisch (einschließlich anderer aquatischer Tiere) sowie alle daraus hergestellten Lebensmittel oder Lebensmittelinhaltsstoffe. Anhand der verzehrten Lebensmittel unterscheidet man Lakto-Ovo-, Lakto- und Ovo-Vegetarier sowie Veganer; letztere lehnen alle Lebensmittel tierischen Ursprungs ab. Veganer meiden meist auch alle weiteren Produkte, die von Tieren stammen (Leder, Wolle, Seide usw.). Der Vegetarismus ist, wie der Veganismus, ein Lebensstil, da neben gesundheitlichen Aspekten auch ethisch-moralische, ökologische, soziale, ökonomische und politische Anliegen beachtet werden." Leitzmann, Claus; Keller, Markus (2020): Vegetarische und vegane Ernährung, Stuttgart: Ulmer, S. 23
Vitamin B12 (Cobalamin)
Bei einer vegetarischen oder veganen Ernährung ist Vitamin B12 (Cobalamin) das kritischste Vitamin, da es weder von Pflanzen noch vom menschlichen Organismus produziert wird. Um eine unzureichende Versorgung zu vermeiden, sollten Nahrungsergänzungsmittel, angereicherte Lebenssmittel oder Vitamin-B12-haltige Zahncremes verwendet werden.
"Die auf dem Markt erhältlichen Vitamin-B12-Supplemente enthalten unterschiedliche Formen an Vitamin B12. Am gebräuchlichsten ist Cyanocobalamin, zu dem auch die meisten klinischen Erfahrungen vorliegen. Zudem weist es eine hohe Stabilität auf und ist preisgünstig. Daneben gibt es auch Produkte, die Hydroxycobalamin, Methylcobalamin oder Adenosylcobalamin enthalten. Bisher gibt es keine ausreichenden Belege, dass eine der Cobalaminformen den anderen hinsichtlich Bioverfügbarkeit und biochemisch-klinischer Wirkung überlegen wäre." (Leitzmann, Keller 2020, S. 347)
"Sowohl Lakto-Ovo-Vegetarier als auch Veganer sollten ihren Vitamin-B12-Status etwa einmal jährlich anhand von Holo-TC und MMA überprüfen lassen. So kann auch festgestellt werden, ob die derzeit durchgeführte Vitamin-B12-Supplementierung ausreichend ist." (Leitzmann, Keller 2020, S. 348)
Quelle: Leitzmann, Claus; Keller, Markus (2020): Vegetarische und vegane Ernährung, Stuttgart: Ulmer
Proteine
"Wir denken bei Protein automatisch an Fleisch, dabei bestehen viele Pflanzen und Pilze ebenfalls zu einem beachtlichen Teil aus Eiweiß. Elefanten, Nilpferde und Gorillas essen nur Pflanzen (Gras, Blätter), was ihrem Körperbau und ihren Muskeln keinen großen Abbruch zu tun scheint. Gute pflanzliche Eiweißquellen sind: Bohnen, Linsen, Kichererbsen, Weizenkeime, Haferflocken, Bulgur, Quinoa, Amarant, Samen, wie Lein- und Chia-Samen, Sonnenblumen- und Kürbiskerne, und dann natürlich Nüsse und Erdnuss- oder Mandelbutter. Auch Gemüse (beispielsweise Brokkoli, Spinat und Spargel) enthält oft relativ viel Eiweiß." Kast, Bas (2018): Der Ernährungskompass - Das Fazit aller wissenschaftlichen Studien zum Thema Ernährung, München: C. Bertelsmann, S. 55
"Dennoch kann auch durch pflanzliche Proteine der Proteinbedarf gedeckt werden, wenn eine breite Auswahl pflanzlicher Lebensmittel verzehrt wird und die Energiezufuhr ausreichend ist. Da die Proteinqualität einzelner pflanzlicher Proteine (Ausnahme: Sojaprotein) meist nicht so hoch ist wie die einzelner tierischer Proteine [...], können Veganer durch die gezielte Kombination verschiedener pflanzlicher Proteinquellen die Proteinausnutzung und damit auch die Versorgung mit allen unentbehrlichen Aminosäuren verbessern. So kann beispielsweise der geringe Lysingehalt von Getreide durch den Verzehr von Hülsenfrüchten, Sojaprodukten und / oder Öl-samen ausgeglichen werden, die reich an Lysin sind. Dabei ist es offenbar ausreichend, wenn die unterschiedlichen pflanzlichen Proteinlieferanten über den Tag verteilt verzehrt werden. [...] Es fällt auf, dass traditionelle Gerichte vieler Weltregionen verschiedene pflanzliche Proteinquellen kombinieren, die unterschiedliche limitierende Aminosäuren enthalten. Beispiele hierfür sind Falafel (Kichererbsen) mit Fladenbrot im Nahen Osten, Reis mit Dal (Linsensoße) in Indien, Bohnen mit Mais- oder Weizentortillas in Mittel- und Südamerika oder Linsen mit Spätzle in Süddeutschland." Leitzmann, Claus; Keller, Markus (2020): Vegetarische und vegane Ernährung, Stuttgart: Ulmer, S. 359-360
"Die Ernährung von Menschen, die sich vegan, vegetarisch und omnivor ernähren, weist ähnliche Aminosäureprofile auf, trotz der Unterschiede in der Aminosäurenzusammensetzung ihrer Nahrung. Das hat die Gruppe um Michael MacArthur von der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich herausgefunden. Demnach könnte die Gesundheit eher von der Gesamtmenge des verzehrten Proteins als von der Art beeinflusst werden." © Springer Nature Limited, Nature 595, S. 475, 2021. Übersetzung Spektrum.de, URL: https://www.spektrum.de/news/proteinmenge-koennte-pflanzliche-ernaehrung-vorteilhaft-machen/1897357 (Stand: 22.07.2021).
Literatur
Buchtipp: Klartext Ernährung

Mit der richtigen Ernährung zu einem gesunden Körper - dieses Ziel teilen viele Menschen. Über kaum ein Thema jedoch streiten sich die Fachleute leidenschaftlicher als darüber, was unserem Körper guttut. Die führenden Ernährungsexperten Dr. med. Petra Bracht und Prof. Dr. Claus Leitzmann bringen ihr Fachwissen aus vielen Jahrzehnten Forschung und Praxis zusammen, um endlich Licht ins Dunkel zu bringen. Welche Lebensmittel sind wirklich gesund? Welche Nährstoffe brauchen wir und in welcher Menge? Welche Diäten und Trends schaden mehr, als dass sie helfen? Sollte man Gluten und Laktose wirklich meiden? Mit den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und einer klaren Sprache zeigen die Ernährungsmedizinerin und der Ernährungswissenschaftler fachkundig, wie gute Ernährung gelingt und wie sie zur Förderung der Selbstheilung beiträgt. Die Autoren räumen mit Diäten und Produkttrends auf, die uns täglich als gesund verkauft werden und erklären, wie wir Unverträglichkeiten und Krankheiten wie Allergien, Osteoporose, Krebs, Demenz und vielen anderen vorbeugen können. Das große Wissensbuch zum Thema Essen und ein Plädoyer für pflanzliche und nachhaltige Ernährung. Mit einem Vorwort von Prof. Dr. Andreas Michalsen und einem Extra-Kapitel zu Ernährung und Infektionskrankheiten (Corona). © Bild und Text Mosaik Verlag. Klartext Ernährung - Die Antworten auf alle wichtigen Fragen - Wie Lebensmittel vorbeugen und heilen; Dr. med. Petra Bracht, Prof. Dr. Claus Leitzmann; Mosaik Verlag; 2020. Kommentar zum Buch bei michaeldisch.de
Buchtipp: Vegetarische und vegane Ernährung

Das Standardwerk zur vegetarischen Ernährung jetzt erweitert durch vegane Ernährungsformen und in neuem, größerem Format!. Nahezu alle Kapitel der 4. Auflage des beliebten Standardwerks wurden von den Autoren vollständig überarbeitet. Sämtliche wissenschaftliche Studienergebnisse und alle Angaben zur Nährstoffzufuhr wurden aktualisiert, neue Studienergebnisse wurden aufgenommen. Der Teil der veganen Ernährung wurde deutlich erweitert: Alle wichtigen Aspekte zur veganen Ernährung wurden Kapitel übergreifend noch umfassender berücksichtigt, die bewährte Kapitelaufteilung wurde beibehalten. Hier finden Studierende der Ernährungswissenschaften, Ökotrophologie und Medizin in gleichem Maße wie Angehörige vieler Gesundheitsfachberufe und in der Ernährungsberatung Tätige fundiertes, aktuelles Wissen zu den Themen Vegetarismus und Veganismus. © Bild und Text Ulmer / UTB. Leitzmann, Claus; Keller, Markus (2020): Vegetarische und vegane Ernährung, Stuttgart: Ulmer
Lesetipp: Vegetarische Vielfalt!

Früher galten Vegetarier vielen Menschen als genussfeindliche Asketen. Doch seit einigen Jahren nimmt die Zahl jener, die auf Fleisch verzichten, rasant zu. Immer mehr Menschen erkennen, dass vegetarische Kost nicht nur ihrer Gesundheit zugute kommt, sondern auch überaus wohlschmeckend ist. Ob orientalische Polenta, marinierte Süßkartoffeln, herzhaftes Tofuschnitzel oder leichte Kürbis-Lasagne: Pflanzen bieten eine von Fleischessern oft unterschätzte Vielfalt an Aromen und raffinierten Zubereitungsmöglichkeiten. Doch wer sich für den Vegetarismus entscheidet, sollte über die fleischfreie Küche genau Bescheid wissen. Wo liegen die gesundheitlichen Vorzüge vegetarischer Kost, gibt es womöglich Risiken? Welche pflanzlichen Lebensmittel können Fleisch besonders gut ersetzen, sind etwa reich an Eiweiß und Eisen? Schaden Fleischimitate der Gesundheit, und was gilt es beim Kauf von Seitan, Soja und Quorn zu bedenken? Ist Rohkost wirklich so bekömmlich wie oft behauptet? Und welche Vorteile bringt der Verzicht auf Fleisch tatsächlich für Umwelt und Klima? © Bild und Text GEO WISSEN. Vegetarische Vielfalt! - GEO WISSEN Ernährung Nr. 02/2016
Buchtipp: Ab heute vegan

Vegan essen und leben - wie geht das eigentlich? Dieser Ratgeber für den Einstieg in ein Leben ohne tierische Produkte zeigt, wie man einfach und genussvoll vegan essen und leben kann. Das Buch hilft Neu-VeganerInnen und Interessierten, Antworten auf alle praktischen Alltagsfragen zu finden. Auf einen Blick, kompakt und trotzdem umfassend gibt's alle wichtigen Infos zu Themen wie Gesundheit und Ernährung, Kochen und Backen, Einkaufen, Urlaub und Reise, Kleidung, Kosmetik, Umgang mit Freunden und Familie und vieles mehr. Ergänzend finden sich im Buch Interviews mit vegan lebenden Menschen. Entstanden ist das Buch aus einem der meistgelesenen Vegan-Blogs und einem der bekanntesten Online-Magazine in Deutschland zum Thema "veganer Lifestyle": "Deutschland is(s)t vegan". Seit November 2011 bieten über zehn AutorInnen täglich Informationen zu veganer Gastronomie, Kleidung, Kosmetik, darüber hinaus Literaturtipps, Veranstaltungshinweise, Rezepte und vieles mehr. Der Blog ist so innerhalb kurzer Zeit eine wichtige Anlaufstelle für alle geworden, die sich für eine vegane Lebensweise interessieren. © Bild und Text Ventil. Ab heute vegan: So klappt dein Umstieg. Ein Wegweiser durch den veganen Alltag, Patrick Bolk (Herausgeber), Ventil, 2013. www.deutschlandistvegan.de
Videos
The Game Changers
A revolutionary new documentary about meat, protein, and strength
Executive produced by James Cameron, Arnold Schwarzenegger, Jackie Chan, Lewis Hamilton, Novak Djokovic & Chris Paul
gamechangersmovie.com
Filmtipp: Gabel statt Skalpell - Gesünder leben ohne Fleisch
Philip Wollen, der mehrfach preisgekrönte Philantroph und ehemalige Vizepräsident der Citibank, über die Notwendigkeit auf Fleisch zu verzichten
Mehr Informationen
- Gesundheit & Ernährung bei michaelditsch.de
- Vegetarismus bei Wikipedia
de.wikipedia.org/wiki/Vegetarismus - ProVeg Deutschland e. V.
proveg.com/de/ - Proteinmangel mit vegan-vegetarischen Lebensmitteln vorbeugen - ProVeg e.V.
proveg.com/de/ernaehrung/naehrstoffe/eiweiss-proteinmangel-vegan-vorbeugen/ - Forschungsinstitut für pflanzenbasierte Ernährung (IFPE)
ifpe-giessen.de - Kritische Nährstoffe bei veganer Ernährung - BKK ProVita
bkk-provita.de/leistungen/kritische-naehrstoffe-bei-veganer-ernaehrung/ - Alles-Vegetarisch.de - Shop für rein pflanzliche Spezialitäten
www.alles-vegetarisch.de - The Vegan Society
www.vegansociety.com