Gedächtnis

Wie das Gehirn Erinnerungen fälscht

"Unsere Erinnerungen an frühe Kindertage sind äußerst wertvoll. Immer wieder holen wir sie heraus, schauen sie an, erzählen sie weiter. Sie sind ein Teil dessen, wer wir sind. Doch obwohl uns diese erinnerten Momente so real vorkommen, sind sie doch zu einem großen Teil Fiktion. Denn unser Gedächtnis ist ein äußerst unzuverlässiger Zeuge. Gerade in den letzten Jahrzehnten haben viele Forschungen gezeigt, dass Erinnerungen keine gespeicherten Filme aus der Vergangenheit sind, sondern vielmehr Konstruktionen, die sich im Laufe des Lebens überdies immer wieder verändern. 'Erinnerungen sind datengestützte Erfindungen', erklärt der Neurophysiologe und Hirnforscher Wolf Singer vom Max-Planck-Institut in Frankfurt. 'Sie bauen auf lückenhaften, meist recht willkürlich ausgewählten Daten auf und haben den Charakter von Rekonstruktionen.'" Ustorf, Anne-Ev.: "Bilder der Kindheit", in Psychologie Heute 1/2020, S. 19

Literatur

Buchtipp: Die Gabe der Erinnerung und die Kunst des Vergessens

Erschrecken Sie, wenn Ihnen der Name eines bekannten Menschen nicht einfällt? Wenn Sie nicht wissen, warum Sie in einen bestimmten Raum gegangen sind? Sind das simple Gedächtnislücken oder bedenkliche Anzeichen? Lisa Genova beruhigt: Unser Gehirn kann sich nicht alles merken, Vergessen gehört zu seinen Grundfunktionen. Was unser Gedächtnis leistet, grenzt an ein Wunder. Aber perfekt ist es nicht. Vergesslichkeit ist  etwas ganz Natürliches. Lisa Genova erklärt, wie Erinnerungen entstehen und wie wir sie abrufen können, und zeigt, wie es uns gelingt, Erinnerung zu gestalten und zu sichern und wie wir durch das Vermeiden toxischer Verhaltensweisen unser Erinnerungsvermögen steigern und das Risiko von Alzheimer und Demenz minimieren. © Bild und Text Allegria. Genova, Lisa (2021): Die Gabe der Erinnerung und die Kunst des Vergessens - Wie unser Gedächtnis funktioniert, Berlin: Allegria E-Book. Kommentar zum Buch bei michaelditsch.de

Buchtipp: Das trügerische Gedächtnis

Wir sind die Summe unserer Erinnerungen. Stimmen diese aber auch? Haben prägende Ereignisse unserer Kindheit überhaupt so stattgefunden? Identität ist ein kunstvoll gewebter Teppich aus Erinnerungsfragmenten. Die Verhaltenspsychologin Julia Shaw erklärt, warum dem Gehirn dabei ständig Fehler unterlaufen. Und das Tappen in die Erinnerungsfalle hat Konsequenzen: Wir können uns auf unser Gedächtnis nicht verlassen. Auf der Grundlage neuester Erkenntnisse von Neurowissenschaft und Psychologie sowie ihrer eigenen bahnbrechenden Forschung zeigt Shaw, welchem Teil unserer Erinnerung wir trauen können und welchem nicht. Ein verblüffender Einblick in die wahnwitzigen Mechanismen des menschlichen Gehirns. © Bild und Text Hanser. Shaw, Julia (2016): Das trügerische Gedächtnis - Wie das Gehirn Erinnerungen fälscht, München: Hanser. Kommentar zum Buch bei michaelditsch.de

Videos

Lisa Genova - How your memory works - and why forgetting is totally OK | TED 2021

Julia Shaw – Manipulation im Gehirn? – DAI Heidelberg 20.11.2017